Cass. pen., Sez. I, Sent., 2018: Der Beitrag von Personen zur Straftat und die Grundsätze des EGMR

Das Urteil Nr. 36509 vom 30. Juli 2018 des Kassationsgerichts behandelt eine entscheidende Frage im Strafrecht und die Achtung der europäischen Normen, insbesondere im Hinblick auf die externe Beihilfe zur Mafia-Vereinigung. Der zu prüfende Fall betrifft M.G., der Beschwerde gegen einen Beschluss des Berufungsgerichts Palermo eingelegt hat, das sein Gesuch um Aufhebung eines Urteils aus dem Jahr 1996 abgelehnt hat. Das Kassationsgericht hat geprüft, ob die von dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im Fall C. gegen Italien aufgestellten Grundsätze rückwirkend auf den Fall von M.G. angewendet werden konnten.

Der rechtliche Kontext und das Urteil des EGMR

Der EGMR stellte in seinem Urteil vom 14. April 2015 fest, dass die externe Beihilfe zur Mafia-Vereinigung eine richterliche Schöpfung darstellt, die zum Zeitpunkt der den M.G. vorgeworfenen Tatsachen nicht klar und vorhersehbar war. Das Kassationsgericht stellte fest, dass, obwohl eine Verpflichtung zur Einhaltung der Leitlinien des EGMR bestand, die Entscheidungen nicht indiscriminately auf nicht speziell von dem Gericht in Straßburg behandelte Fälle ausgeweitet werden konnten.

Die Vorschrift des Art. 46 EMRK verpflichtet das nationale Gericht, sich an die endgültigen Urteile des EGMR zu halten, beschränkt auf den Fall, über den gestritten wird.

Die Gründe der Beschwerde und die Entscheidung des Kassationsgerichts

Die von M.G. eingereichte Beschwerde basierte auf zwei Hauptgründen: dem Gesetzesverstoß in Bezug auf die Artikel 7 und 46 EMRK sowie der unterlassenen Berücksichtigung der konventionell orientierten Lesart des Prinzips der Nicht-Rückwirkung. Das Gericht hielt jedoch beide Gründe für unbegründet und erklärte, dass das Berufungsgericht Palermo die von dem EGMR aufgestellten Grundsätze nicht missachtet habe und dass die Frage der externen Beihilfe nicht über den spezifischen Fall hinaus exportiert werden könne.

  • Das Kassationsgericht bestätigte, dass das Prinzip der formalen Legalität die Existenz von Straftaten, die auf richterlicher Schöpfung beruhen, nicht zulässt.
  • Das Gericht hob die Notwendigkeit hervor, die Kohärenz des italienischen Rechtssystems mit den Grundsätzen der Legalität und der Bestimmtheit der Strafnormen aufrechtzuerhalten.

Schlussfolgerungen

Die Entscheidung des Kassationsgerichts im Fall von M.G. bekräftigt die Bedeutung eines klaren und vorhersehbaren Rechtssystems sowie die Achtung der Grundsätze der Legalität. Das Gericht stellte fest, dass, obwohl die Urteile des EGMR beachtet werden müssen, dies keine rückwirkende Anwendung von Rechtsgrundsätzen impliziert, die zum Zeitpunkt des rechtswidrigen Verhaltens nicht klar waren. Dieser Fall stellt eine wichtige Reflexion über das empfindliche Gleichgewicht zwischen nationalem Recht und internationalen Verpflichtungen dar.

Rechtsanwaltskanzlei Bianucci