Vertragsauflösung und berufliche Verantwortung: Kommentar zu dem Urteil Cass. civ., Sez. III, n. 16919/2018

Das Urteil des Kassationsgerichts Nr. 16919 vom 27. Juni 2018 bietet wichtige Denkanstöße zur Verantwortung von medizinischem Personal und zur Interpretation des Schadens durch Verlust von Chancen. In diesem Fall beantragten die Angehörigen eines Patienten, der aufgrund eines Herzinfarkts verstorben war, Schadensersatz wegen diagnostischer Unterlassung durch einen Arzt. Das Gericht gab der Beschwerde statt und hob hervor, dass die Unterlassung einen ersatzfähigen Schaden darstellen kann, auch wenn der Patient möglicherweise nur eine begrenzte Lebenszeit gehabt hätte.

Kontext des Urteils

Im vorliegenden Fall hatte sich der Patient S. mit retrosternalen Schmerzen in die Notaufnahme begeben und eine falsche Diagnose erhalten. Erst später, als sich sein Zustand verschlechterte, wurde ein Herzinfarkt festgestellt. Die Angehörigen, die der Meinung waren, dass die Nachlässigkeit des Arztes den Tod des Verwandten verursacht hatte, hatten eine rechtliche Klage eingeleitet, um Schadensersatz zu erhalten. Das Berufungsgericht in Cagliari hatte jedoch zunächst die Klage abgewiesen und argumentiert, dass eine rechtzeitige Intervention den tödlichen Ausgang nicht verändert hätte.

Die Unterlassung der Diagnose eines terminalen Krankheitsprozesses stellt einen ersatzfähigen Schaden für die Person dar, wenn sich herausstellt, dass der Patient aufgrund der Unterlassung die Möglichkeit, einige Wochen oder Monate zu überleben, oder jedenfalls für einen begrenzten Zeitraum über das tatsächlich gelebt Zeitspanne hinaus, verloren hat.

Analyse des Schadens durch Verlust von Chancen

Das Kassationsgericht hat ein grundlegendes Prinzip betont: Die diagnostische Unterlassung kann zu einem ersatzfähigen Schaden führen, auch wenn der Patient eine begrenzte Überlebenswahrscheinlichkeit gehabt hätte. Tatsächlich hat der Fehler des Arztes den Patienten der Möglichkeit beraubt, noch für einen Zeitraum, wenn auch kurz, zu leben. Diese Sichtweise steht im Einklang mit dem Prinzip der Rechtsprechung, das den Verlust von Chancen als eigenständigen Schaden betrachtet, der sich von der bloßen Möglichkeit eines besseren Ergebnisses unterscheidet. In diesem Sinne hat das Gericht frühere Urteile zitiert (Cass. 18. September 2008, n. 23846), die festgestellt haben, dass der Verlust von Chancen als schädliches Ereignis zu verstehen ist, nicht als unsichere zukünftige Erwartung.

  • Der Kausalzusammenhang muss im Hinblick auf den Verlust der Überlebenszeit geprüft werden.
  • Die Verantwortung des Arztes beschränkt sich nicht nur auf die bloße Diagnose, sondern erstreckt sich auch auf die Lebensqualität des Patienten.
  • Der Schaden durch den Verlust von Chancen muss in Bezug auf Zeit und Lebensqualität quantifiziert werden.

Fazit

Das Urteil des Kassationsgerichts Nr. 16919/2018 stellt einen wichtigen Fortschritt zum Schutz der Rechte von Patienten und deren Angehörigen dar. Es wird klargestellt, dass die berufliche Verantwortung sich nicht nur auf den Tod des Patienten beschränkt, sondern auch den Verlust von Lebenszeiträumen, wenn auch kurzen, umfassen kann. Das Gericht hat die Notwendigkeit bekräftigt, das Verhalten des medizinischen Personals nicht nur in Bezug auf das endgültige Ergebnis, sondern auch im Hinblick auf die unmittelbaren und zukünftigen Folgen seiner Unterlassung zu bewerten. Dieser Ansatz könnte erhebliche Auswirkungen auf zukünftige Rechtsstreitigkeiten im medizinisch-rechtlichen Bereich haben und die Notwendigkeit einer angemessenen und rechtzeitigen Diagnose stärken.