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Kindeswohl und internationale Entführung: Analyse des Urteils Cass. Civ. Nr. 9632/2015

Das Urteil Nr. 9632 vom 12. Mai 2015 des Obersten Kassationsgerichts behandelt einen komplexen Fall der Kindesunterbringung nach einer internationalen Entführung. Diese Entscheidung ist grundlegend, nicht nur wegen der rechtlichen Implikationen, sondern auch wegen der Art und Weise, wie italienische Gerichte das Wohl des Kindes in familiären Konfliktsituationen interpretieren.

Der Fall und die Entscheidungen der Richter

Der vorliegende Fall betrifft R.S.E., den Vater von R.S., der das alleinige Sorgerecht für seine Tochter beantragt hatte, nachdem die Mutter, S.M., mit dem Kind ohne Nachrichten nach Polen gezogen war. Das Berufungsgericht Florenz bestätigte die Entscheidung des Familiengerichts und stellte fest, dass der Aufenthalt des Minderjährigen in Polen im Interesse seines Wachstums und seiner Stabilität sei.

Das Gericht wies darauf hin, dass das alleinige Sorgerecht für die Mutter, trotz ihres rechtswidrigen Verhaltens, durch die Stabilität und Sicherheit gerechtfertigt war, die das Kind in Polen gefunden hatte.

Die Begründungen des Gerichts

Das Kassationsgericht wies die Beschwerde des Vaters zurück und argumentierte, dass die Entscheidungen des Familiengerichts korrekt begründet und im Interesse des Kindes gewesen seien. Die Gründe für die Ablehnung des Sorgerechts des Vaters basieren auf:

  • Das gewalttätige und problematische Verhalten des Vaters, einschließlich Glücksspiels.
  • Die emotionale und wohnliche Stabilität des Kindes in Polen bei der Mutter und der Großmutter.
  • Die gute Anpassung des Kindes im schulischen und sozialen Kontext in Polen.

Rechtliche und normative Implikationen

Das Urteil lenkt die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit, das Wohl des Kindes zu berücksichtigen, wie es durch die Haager Konvention von 1980 und die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 festgelegt ist. Diese Normen stellen das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt der Entscheidungen über Sorgerecht und Rückführung. Darüber hinaus stellte das Gericht klar, dass im Falle einer internationalen Entführung die Zuständigkeit zur Entscheidung über das Sorgerecht beim Richter des Landes des gewöhnlichen Wohnsitzes des Kindes bleibt, bis eine rechtmäßige Übertragung akzeptiert wird.

Schlussfolgerungen

Das Urteil Cass. Nr. 9632/2015 stellt einen wichtigen Präzedenzfall für das Familienrecht in Italien dar und zeigt, wie die Schutzbedürftigkeit und das Wohl des Kindes auch in Situationen elterlicher Konflikte Vorrang haben müssen. Juristische Fachkräfte und Familien, die in ähnlichen Situationen involviert sind, sollten die Implikationen dieser Entscheidung sorgfältig abwägen und stets das Wohl des Kindes im Fokus behalten.