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Wiederholte Rückfälligkeit und Kenntnis des Angeklagten: Kassation Nr. 16011/2025 klärt die Grenzen von Art. 99 StGB. | Anwaltskanzlei Bianucci

Wiederholte Rückfälligkeit und Kenntnis des Angeklagten: Kassationsgerichtshof Nr. 16011/2025 klärt die Grenzen von Art. 99 StGB

Mit der Entscheidung Nr. 16011 vom 28. April 2025 grenzt die fünfte Strafkammer des Kassationsgerichtshofs die wiederholte Rückfälligkeit neu ab. Der Fall betraf M. R., der vom Berufungsgericht Bologna verurteilt wurde und dessen Verteidigung die Erschwerung gemäß Art. 99 Abs. 4 StGB bestritt. Im Mittelpunkt steht ein oft unterschätzter Aspekt: die Notwendigkeit, dass der Angeklagte nicht nur von den früheren rechtskräftigen Verurteilungen Kenntnis hatte, sondern auch davon, dass er nach deren Rechtskraft weitere Straftaten begangen hat.

Der rechtliche Rahmen und die maßgebliche Rechtsprechung

Art. 99 StGB sieht eine Strafverschärfung für denjenigen vor, der nach einer Verurteilung eine neue Straftat begeht: die wiederholte Form setzt mindestens zwei rechtskräftige Verurteilungen voraus. Das Verfassungsgericht hat mehrfach Fragen zur Vereinbarkeit der automatischen Rückfälligkeit mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Schuld (Art. 3 und 27 der Verfassung) aufgeworfen, wobei Aussetzungsbeschlüsse noch ausstehen. Im Jahr 2023 bekräftigten die Vereinigten Kammern mit Urteil 32318/2023, dass die Erschwerung nicht von einer Beurteilung der konkreten Gefährlichkeit des Täters absehen kann. Die heutige Entscheidung setzt diesen schützenden Kurs fort.

Die Leitsatzentscheidung und ihre Bedeutung

Im Hinblick auf die wiederholte Rückfälligkeit ist für deren Anwendung zwar keine vorherige Feststellung der Rückfälligkeit erforderlich, aber nicht ausreichend ist die bloße Existenz mehrerer rechtskräftiger Verurteilungen wegen Straftaten, die in Bezug auf die zu beurteilende Straftat eine erhöhte Gefährlichkeit des Täters aufweisen; vielmehr muss die neue Straftat in voller Kenntnis nicht nur der Rechtskraft der früheren Verurteilungen, sondern auch der Tatsache begangen worden sein, dass bereits Straftaten nach der Rechtskraft der zuvor begangenen begangen wurden.

Das Gericht erklärt, dass die wiederholte Rückfälligkeit nicht rein rechnerisch angewendet werden kann. Der Richter muss zwei Elemente prüfen:

  • die Rechtskraft der früheren Verurteilungsurteile;
  • die Kenntnis des Angeklagten von dieser Rechtskraft zum Zeitpunkt der Begehung der neuen Straftat sowie von der Tatsache, dass er bereits rückfällig geworden ist.

Die Logik besteht darin, zu verhindern, dass die Strafverschärfung von einem tatsächlichen zusätzlichen Schuldkoeffizienten abweicht. Wenn der Angeklagte die Rechtskraft der früheren Verurteilungen nicht kennt (z. B. bei Urteilen in Abwesenheit oder bei unterlassener Zustellung), entfällt der Strafzweck.

Praktische Auswirkungen für die Verteidigung und den Richter

Angesichts dieses Urteils kann die Verteidigung die Erschwerung anfechten, indem sie verlangt, dass die Staatsanwaltschaft die volle Kenntnis des Angeklagten von den früheren Urteilen nachweist. Nützliche Beweismittel können sein:

  • Zustellungen von Auszügen aus Urteilen oder Vollstreckungsanordnungen;
  • Wahl des Wohnsitzes beim Verteidiger und entsprechende Mitteilung;
  • Zulassung des Angeklagten im Verhör oder in der Beweisaufnahme im Hauptverfahren.

Auch der Richter muss detailliert begründen und die erhöhte soziale Gefährlichkeit mit dem konkreten Lebensumfeld des Täters in Verbindung bringen. Die bloße Auflistung früherer Verurteilungen reicht nicht mehr aus.

Die Position des europäischen Rechts

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fordert in seiner Rechtsprechung zu ne bis in idem und ungünstiger Rückwirkung, dass jede strafrechtliche Verschärfung an bewusste und vernünftigerweise vorhersehbare Handlungen geknüpft ist (Fall Del Río Prada gegen Spanien, 2013). Der Kassationsgerichtshof schließt sich dem an und vermeidet mögliche Beanstandungen wegen Verletzung von Art. 7 EMRK.

Schlussfolgerungen

Das Urteil Nr. 16011/2025 stärkt den Schutz des Angeklagten vor automatischen Anwendungen der Erschwerung der wiederholten Rückfälligkeit. Wer den Anwaltsberuf ausübt, muss die fehlende Beweisführung über die Kenntnis des Angeklagten hervorheben, während die Richter zu strengeren Begründungen aufgerufen sind. Zukünftig könnte die Entscheidung auch die Resozialisierungswege beeinflussen: Indem die tatsächliche kriminelle Absicht berücksichtigt wird, wird ein selektiverer Einsatz des strafrechtlichen Instruments gefördert.

Anwaltskanzlei Bianucci