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Europäischer Haftbefehl und italienisches Urteil: Das Urteil Nr. 19696/2025 des Obersten Kassationsgerichtshofs | Anwaltskanzlei Bianucci

Europäischer Haftbefehl und italienisches Urteil: Das Urteil Nr. 19696/2025 des Obersten Kassationsgerichtshofs

Der Europäische Haftbefehl (EBH) stellt ein grundlegendes Instrument der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union dar, das darauf abzielt, die Verfahren zur Auslieferung von gesuchten Personen zur Vollstreckung von Freiheitsstrafen oder freiheitsentziehenden Sicherungsmaßnahmen zu vereinfachen und zu beschleunigen. Die Anwendung dieses Mechanismus ist jedoch nicht frei von Komplexität, insbesondere wenn frühere Rechtslagen im Ausführungsstaat aufeinandertreffen. Eine heikle Frage, die vom Obersten Kassationsgerichtshof mit dem Urteil Nr. 19696 vom 27. Mai 2025 behandelt wurde, betrifft den Fall, in dem die mit einem EBH gesuchte Person bereits in Italien rechtskräftig wegen einer anderen Straftat verurteilt wurde als der, die Gegenstand des Haftbefehls ist.

Der Europäische Haftbefehl: Ein Eckpfeiler der europäischen Strafjustiz

Eingeführt durch das Gesetz Nr. 69 vom 22. April 2005, hat der EBH das Konzept der Auslieferung revolutioniert und es in ein direktes "Übergabeverfahren" zwischen Justizbehörden umgewandelt, das auf dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung von Gerichtsentscheidungen beruht. Dieses System zielt darauf ab, die bürokratischen und politischen Verzögerungen zu überwinden, die für die traditionelle Auslieferung typisch sind, und eine schnellere und effektivere Reaktion auf grenzüberschreitende Kriminalität zu gewährleisten. Das Gesetz Nr. 69/2005 regelt die Fälle der Ablehnung und des Aufschubs der Übergabe, einschließlich Artikel 24 Absatz 1, der die Möglichkeit vorsieht, die Übergabe aufzuschieben, wenn die gesuchte Person in Italien eine Strafe verbüßen muss oder einem Strafverfahren wegen einer anderen Straftat unterliegt.

Das Urteil 19696/2025: Kein Automatismus beim Aufschub der Übergabe

Die Entscheidung des Kassationsgerichtshofs Nr. 19696 von 2025, unter dem Vorsitz von D. S. P. und mit G. E. A. als Berichterstatter, befasste sich mit der im Interesse von T. Z. eingelegten Berufung und klärte einen entscheidenden Aspekt bei der Auslegung von Artikel 24 Absatz 1 des Gesetzes Nr. 69/2005. Die Frage drehte sich um den möglichen Automatismus des Aufschubs der Übergabe im Falle einer rechtskräftigen oder endgültigen Verurteilung durch das italienische Gericht wegen einer anderen Straftat als der, die Gegenstand des EBH ist. Das Berufungsgericht Genua hatte sich bereits dazu geäußert, und der Kassationsgerichtshof hat nun eine maßgebliche Auslegung geliefert.

In Bezug auf den Europäischen Haftbefehl hat die Rechtskraft oder Endgültigkeit einer vom italienischen Gericht für eine andere Straftat als die, die Gegenstand des Haftbefehls ist, ergangenen Verurteilung keine automatische Wirkung als Grund für den Aufschub der Übergabe, der vom Betroffenen gemäß Art. 24 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 69 vom 22. April 2005 beantragt wird, sondern gehört zu den relevanten Indikatoren für die diskretionäre Beurteilung des Berufungsgerichts.

Diese Leitsatz ist von grundlegender Bedeutung. Sie klärt, dass die Existenz einer rechtskräftigen Verurteilung in Italien wegen einer anderen Straftat kein automatisches Hindernis für die Übergabe der von einem anderen Mitgliedstaat gesuchten Person darstellt. Es gibt also keine vordefinierte Sperre. Vielmehr muss dieser Umstand vom Berufungsgericht als einer der "relevanten Indikatoren" im Rahmen einer umfassenden diskretionären Beurteilung berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass das italienische Gericht alle Elemente des Falles sorgfältig abwägen muss, wobei die Erfordernisse der justiziellen Zusammenarbeit mit dem Schutz der Grundrechte des Einzelnen und den Zielen der innerstaatlichen Justiz in Einklang gebracht werden müssen.

Die Rolle der richterlichen Ermessensausübung: Abwägung verschiedener Interessen

Das Urteil unterstreicht den nicht bindenden Charakter der italienischen Verurteilung als bloßen "Indikator" und gewährt dem Berufungsgericht einen weiten Ermessensspielraum. Diese Beurteilung ist nicht willkürlich, sondern muss im Lichte gefestigter Grundsätze und einer Reihe von Faktoren erfolgen. Dazu können gehören:

  • Die Schwere der Straftaten, wegen derer die Person in Italien verurteilt wurde, und derjenigen, die Gegenstand des EBH sind.
  • Der Stand der Strafvollstreckung in Italien (ob bereits verbüßt, in Vollzug oder noch zu beginnen).
  • Die Möglichkeit, die Strafvollstreckung zu vereinen oder die Anwendung der Strafe in einem einzigen Kontext zu gewährleisten.
  • Die Grundrechte des Angeklagten, einschließlich seiner persönlichen und familiären Situation.
  • Die Erfordernisse der Schnelligkeit und Effektivität der Justiz, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.

Die Entscheidung des Präsidenten D. S. P. und des Berichterstatters G. E. A. fügt sich in eine Rechtsprechung ein, die zwar die zentrale Bedeutung des EBH anerkennt, dessen Anwendung jedoch durch die Notwendigkeit konkreter und personalisierter Bewertungen abmildert, im Einklang mit der bereits in früheren Urteilen (wie N. 14788 von 2020 oder N. 13994 von 2018) zum Ausdruck gebrachten Ausrichtung.

Schlussfolgerungen: Rechtsicherheit und Flexibilität im EBH-System

Das Urteil Nr. 19696 von 2025 des Obersten Kassationsgerichtshofs bringt Klarheit in einen neuralgischen Punkt der europäischen justiziellen Zusammenarbeit. Indem es bekräftigt, dass eine italienische Verurteilung wegen einer anderen Straftat keinen Automatismus beim Aufschub der Übergabe bewirkt, sondern ein diskretionär zu bewertendes Element darstellt, stärkt der Oberste Gerichtshof das Prinzip der Flexibilität und den Fall-zu-Fall-Ansatz. Dieser Ansatz ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass das System des Europäischen Haftbefehls effektiv funktioniert, ohne jedoch die Besonderheiten individueller Situationen und die Erfordernisse der nationalen Justiz zu opfern. Für Personen, die sich in komplexen Situationen befinden, die einen EBH und frühere Gerichtsverfahren in Italien betreffen, ist die Unterstützung eines auf Strafrecht und internationale Zusammenarbeit spezialisierten Anwalts unerlässlich, um die Nuancen dieser diskretionären Bewertungen zu navigieren.

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