Wiederherstellung der Untersuchungshaft nach Freispruch im ersten Rechtszug: Die Entscheidung des Kassationsgerichtshofs Nr. 25520 von 2025

Das italienische Justizsystem ist von Prinzipien geprägt, die darauf abzielen, die Notwendigkeit der Rechtssicherung mit dem Schutz der Grundrechte des Einzelnen, allen voran des Rechts auf persönliche Freiheit, in Einklang zu bringen. In dieses sensible Gleichgewicht fügen sich die vorsorglichen Maßnahmen ein, prozessuale Instrumente, die die Freiheit vor einem endgültigen Urteil einschränken. Ein besonders komplexer und umstrittener Aspekt betrifft die Wiederherstellung der Untersuchungshaft gegen einen Angeklagten, der nach einem Freispruch im ersten Rechtszug im Berufungsverfahren verurteilt wird. Zu diesem entscheidenden Thema hat sich der Kassationsgerichtshof mit dem Urteil Nr. 25520 vom 10. Juli 2025 geäußert und wichtige Klarstellungen geliefert, die einer sorgfältigen Analyse bedürfen.

Der rechtliche Rahmen und die Entscheidung des Kassationsgerichtshofs

Die im Urteil im Mittelpunkt stehende Frage betrifft die Auslegung und Anwendung von Artikel 275 Absatz 3 der Strafprozessordnung (c.p.p.) in Verbindung mit Artikel 300 Absatz 5 c.p.p. Artikel 275 c.p.p. regelt die Kriterien für die Wahl vorsorglicher Maßnahmen und legt fest, dass die Untersuchungshaft nur angeordnet werden darf, wenn jede andere zwangsweise oder untersagende Maßnahme unzureichend ist. Absatz 3 führt insbesondere eine Vermutung der Angemessenheit der Untersuchungshaft für bestimmte besonders schwere Straftaten ein, die nur durch den Nachweis spezifischer Elemente widerlegt werden kann.

Artikel 300 Absatz 5 c.p.p. besagt hingegen, dass das Urteil der Freisprechung oder der Nichtanordnung der Anklage die sofortige Beendigung persönlicher vorsorglicher Maßnahmen zur Folge hat. Was geschieht jedoch, wenn dieses Urteil im Berufungsverfahren durch eine Verurteilung aufgehoben wird? Der Kassationsgerichtshof, Sechste Strafkammer, unter dem Vorsitz von Dott. A. E. und mit Dott. D. F. als Berichterstatter, hat über die vom Angeklagten G. G. eingelegte Berufung entschieden und den Antrag gegen die Entscheidung des Tribunale della Libertà von Palermo vom 11.12.2024 zurückgewiesen. Der Oberste Gerichtshof hat die Rechtmäßigkeit der Wiederherstellung der Untersuchungshaft bestätigt.

Die Leitsatzentscheidung: Analyse und praktische Auswirkungen

Das Herzstück der Entscheidung des Kassationsgerichtshofs ist in seinem Leitsatz enthalten, der den Rechtsanwendern eine klare Anleitung bietet. Lesen wir ihn vollständig:

Gegen den Angeklagten, der nach dem Urteil der Freisprechung oder des Freispruchs im ersten Rechtszug entlassen wurde und später wegen desselben Sachverhalts im Berufungsverfahren verurteilt wird, kann die Untersuchungshaft auf der Grundlage der gesetzlichen Vermutung der Unangemessenheit anderer zwangsweiser Maßnahmen wiederhergestellt werden, sofern diese aufgrund der Art der angefochtenen Straftat gegeben ist.

Dieser Leitsatz ist von grundlegender Bedeutung. Er besagt, dass, obwohl der Freispruch im ersten Rechtszug zur Entlassung führt, die anschließende Verurteilung im Berufungsverfahren wegen desselben Sachverhalts die Wiederherstellung der Untersuchungshaft rechtfertigen kann. Der entscheidende Punkt ist, dass diese Wiederherstellung nicht automatisch erfolgt, sondern auf der "gesetzlichen Vermutung der Unangemessenheit anderer zwangsweiser Maßnahmen" gemäß Art. 275 Abs. 3 c.p.p. beruht. Das bedeutet, dass, wenn die Straftat, für die im Berufungsverfahren eine Verurteilung ergangen ist, zu den Straftaten gehört, für die das Gesetz die Angemessenheit der Untersuchungshaft vermutet (wie z. B. bei organisierter Kriminalität oder anderen schweren Straftaten), der Richter die Maßnahme wiederherstellen kann, ohne die Unangemessenheit weniger einschneidender Maßnahmen konkret nachweisen zu müssen. Es ist jedoch unerlässlich, dass diese Vermutung tatsächlich "aufgrund der Art der angefochtenen Straftat gegeben ist", d. h. dass die Straftat in die gesetzlich vorgesehenen Kategorien fällt.

Vermutung der Angemessenheit und Abwägung der Interessen

Die Entscheidung des Kassationsgerichtshofs, die sich auf frühere gleichlautende Urteile (wie das Urteil Nr. 7654 von 2010) bezieht, unterstreicht die Kohärenz des italienischen Rechtssystems. Die Rechtsordnung erkennt zwar die persönliche Freiheit an, erkennt aber auch die Notwendigkeit an, die Gemeinschaft zu schützen und die Wiederholung schwerer Straftaten zu verhindern. Die Wiederherstellung der Untersuchungshaft ist in diesen Fällen keine "vorzeitige Bestrafung", sondern eine präventive Maßnahme, die auf einer Beurteilung der Gefährlichkeit und der Schwere der Straftat beruht, die nun durch eine Verurteilung im zweiten Rechtszug bestätigt wurde. Dieser Ansatz steht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen, die Freiheitsbeschränkungen bei Vorliegen spezifischer vorsorglicher Erfordernisse zulassen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Vermutung gemäß Art. 275 Abs. 3 c.p.p. nicht absolut ist. Die Rechtsprechung, auch die Verfassungsrechtsprechung, hat wiederholt bestätigt, dass sie widerlegt werden kann, wenn konkrete Elemente vorgelegt werden, die die Nichtexistenz der vorsorglichen Erfordernisse oder die Angemessenheit weniger restriktiver Maßnahmen belegen. Es obliegt jedoch der Verteidigung, diese Elemente vorzulegen. Im vorliegenden Fall hat der Kassationsgerichtshof die Wiederherstellung als rechtmäßig erachtet, was impliziert, dass keine ausreichenden Elemente vorgelegt wurden, um diese Vermutung zu widerlegen.

Zusammenfassend die wichtigsten Punkte:

  • Der Freispruch im ersten Rechtszug beendet die vorsorglichen Maßnahmen.
  • Eine anschließende Verurteilung im Berufungsverfahren kann die Wiederherstellung der Untersuchungshaft rechtfertigen.
  • Die Wiederherstellung beruht auf der Vermutung der Unangemessenheit anderer Maßnahmen, wenn die Straftat zu den in Art. 275 Abs. 3 c.p.p. genannten Straftaten gehört.
  • Die Vermutung ist nicht absolut, sondern erfordert spezifische Elemente, um widerlegt zu werden.

Schlussfolgerungen

Das Urteil Nr. 25520 von 2025 des Kassationsgerichtshofs bekräftigt einen Grundsatz des Strafverfahrensrechts: die Möglichkeit, die Untersuchungshaft auch nach einer Entlassung aufgrund eines Freispruchs im ersten Rechtszug wiederherzustellen, wenn eine Verurteilung im Berufungsverfahren ergeht und die Straftat zu den Kategorien gehört, die die Vermutung der Angemessenheit der einschneidendsten Maßnahme auslösen. Diese Entscheidung unterstreicht die Komplexität der Abwägung zwischen dem Schutz der individuellen Freiheit und den Erfordernissen der Sicherheit und Gerechtigkeit. Für Anwälte ist das tiefe Verständnis dieser Dynamik entscheidend für die Verteidigung ihrer Mandanten, insbesondere in der Berufungsphase. Für den Bürger ist es eine Mahnung über die Vorläufigkeit von Entscheidungen im ersten Rechtszug und die Bedeutung des vollständigen Gerichtsverfahrens.

Anwaltskanzlei Bianucci