Mit der Entscheidung Nr. 14843 vom 15. April 2025 befasst sich der Oberste Kassationsgerichtshof erneut mit dem heiklen Verhältnis zwischen Strafurteil und Feststellung des Schadens im Zivilverfahren. Im Mittelpunkt des Falls steht G. M., der in zweiter Instanz vom Vorwurf der Falschaussage aufgrund des Nichtbestrafungsgrundes gemäß Art. 384 StGB (Angst, sich selbst oder einem nahen Angehörigen zu schaden) freigesprochen wurde. Der Oberste Kassationsgerichtshof bestätigt zwar den Freispruch, stellt jedoch klar, dass dieses Ergebnis die zivilrechtliche Haftung gegenüber demjenigen, der durch die falschen Aussagen geschädigt wurde, nicht ausschließt.
Der Angeklagte war in erster Instanz wegen Falschaussage in einem Strafverfahren verurteilt worden. Das Berufungsgericht von Ancona sprach ihn unter Anerkennung des Nichtbestrafungsgrundes gemäß Art. 384 StGB frei. Der Generalstaatsanwalt legte Kassation ein und forderte die Aufhebung des Urteils, während die geschädigte Person, die bereits durch die Aussagen geschädigt worden war, die Unmöglichkeit beklagte, ihre Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
Der Oberste Kassationsgerichtshof hob das angefochtene Urteil ohne Zurückverweisung auf, nutzte jedoch die Gelegenheit, um den Umfang und die Grenzen von Art. 652 StPO – der die Wirksamkeit eines strafrechtlichen Freispruchs im Zivilverfahren regelt – zu präzisieren.
Freispruch aus Gründen der Nichtbestrafbarkeit gemäß Art. 384 StGB – Rechtskraftwirkung im Zivilverfahren – Ausschluss – Gründe. Der Nichtbestrafungsgrund gemäß Art. 384 Abs. 1 StGB schließt zwar die Strafbarkeit wegen Falschaussage aus, hebt jedoch nicht die zivilrechtliche Rechtswidrigkeit und die daraus resultierenden Schadensersatzpflichten, die vor dem Zivilgericht geltend gemacht werden können, auf, da die Bestimmung von Art. 652 StPO hier nicht zur Anwendung kommt.
Die Leitsatz betont einen Schlüsselaspekt: Ein Freispruch „weil die Tat nicht strafbar ist“ ist keine Entscheidung, die die historische Tat oder ihre zivilrechtliche Rechtswidrigkeit ausschließt. Die Schutzbedürfnisse der Familie – die Art. 384 StGB zugrunde liegen – sind auf den strafrechtlichen Bereich beschränkt und lassen die aus dem Verhalten resultierenden Schadensersatzpflichten unberührt.
Der Gesetzgeber knüpft die bindende Wirkung des Strafurteils nur an die Fälle der Einstellung „weil die Tat nicht besteht“, „kein Verbrechen darstellt“ oder „der Angeklagte sie nicht begangen hat“. Hingegen hat ein Freispruch aus Gründen der Nichtbestrafbarkeit, wie der familiäre Notstand gemäß Art. 384 StGB, keine präkludierenden Wirkungen im nachfolgenden Zivilstreit. Folglich:
Der Oberste Kassationsgerichtshof schließt sich früheren Entscheidungen (Cass. Nr. 23144/2018; Nr. 5699/2022) an, die die automatische Übertragung des Strafurteils in das Zivilverfahren bereits eingeschränkt hatten, im Einklang mit dem Grundsatz der Autonomie der Verfahren und Art. 24 der Verfassung, der das Recht auf Schadensersatz schützt.
Die Entscheidung ist für die Praktiker von großem Interesse, da sie:
Auch die Abstimmung mit der europäischen Rechtsprechung zum „fairen Verfahren“ (Art. 6 EMRK) darf nicht außer Acht gelassen werden: Das zweigleisige straf- und zivilrechtliche Verfahren verletzt nicht das Ne bis in idem, da die Verfahren unterschiedliche Ziele verfolgen.
Der Oberste Kassationsgerichtshof Nr. 14843/2025 bekräftigt einen praktisch sehr nützlichen Grundsatz: Der besondere Nichtbestrafungsgrund gemäß Art. 384 StGB schützt den familiären Wert auf strafrechtlicher Ebene, löscht aber die zivilrechtliche Rechtswidrigkeit der Falschaussage nicht aus. Wer einen materiellen oder immateriellen Schaden erlitten hat, kann daher Schadensersatz verlangen, ohne durch das Strafurteil behindert zu werden. Einmal mehr bestätigt der Oberste Kassationsgerichtshof die Autonomie der Verfahren und die Ausgleichsfunktion des Zivilrechts und erinnert daran, dass das Interesse der Gemeinschaft an der prozessualen Wahrheit auch außerhalb des Strafverfahrens Schutz verdient.