Der Oberste Kassationsgerichtshof, Zweite Strafkammer, befasst sich mit dem Urteil Nr. 15115 vom 16. April 2025 erneut mit dem heiklen Verhältnis zwischen Strafanzeige und fortgesetzter Tat und bietet wertvolle Hinweise für Anwälte, Staatsanwälte und Geschädigte. Die Entscheidung überwindet frühere schwankende Auslegungen und wirkt sich direkt auf die Verteidigungsstrategie und die Arbeit der Staatsanwaltschaften aus.
Der Angeklagte S. G. war in zweiter Instanz wegen mehrerer rechtswidriger Handlungen verurteilt worden, die unter dem Zusammenhang der Fortsetzung gemäß Art. 81 StGB zusammengefasst wurden. Das Opfer hatte nach der ersten Tat Strafanzeige erstattet, jedoch bevor die zweite Episode abgeschlossen war. Das Berufungsgericht von Catanzaro hatte die Verteidigungseinrede der verspäteten Klage abgewiesen und die Strafanzeige für alle Handlungen als gültig erachtet. Die Revision beim Kassationsgericht rügte die Verletzung der Art. 120 und 124 StGB und vertrat die Ansicht, dass für die nachfolgenden Taten eine neue Strafanzeige unerlässlich sei.
Im Hinblick auf die fortgesetzte Tat entfaltet die nach der ersten Straftat und vor dem Abschluss der zweiten erstattete Strafanzeige ihre Wirkung auch in Bezug auf letztere, da die Handlung zur Einleitung des Strafverfahrens in diesem Fall auf eine einzige Straftat zurückzuführen ist, deren Entwicklung die geschädigte Person zum Zeitpunkt der Erstattung der Strafanzeige nicht vorhersehen konnte.
Kommentar: Der Gerichtshof betont die materielle Einheitlichkeit der fortgesetzten Tat. Solange die kriminelle Serie nicht abgeschlossen ist, reicht der mit der ersten Strafanzeige ausgedrückte Strafwille aus. Es wäre unvernünftig, so der Kassationsgerichtshof, das Opfer zu zwingen, für jede noch nicht bekannte oder nicht vorhersehbare Episode mehrfache Anzeigen zu erstatten, mit dem Risiko, den strafrechtlichen Schutz zu vereiteln und die sekundäre Viktimisierung zu verschärfen.
Daraus ergibt sich eine Bevorzugung der Strafanzeige, die die geschädigte Person erleichtert und gleichzeitig die Effizienz des Strafverfahrens gewährleistet, indem das Risiko der Unzulässigkeit wegen fehlender Strafanzeige verringert wird.
Das Urteil Nr. 15115/2025 liefert ein wichtiges Element für die Regelung der fortgesetzten Tat, indem es feststellt, dass die rechtzeitig zwischen der ersten und der zweiten Episode erstattete Strafanzeige für die gesamte kriminelle Sequenz gilt. Für Fachleute des Strafrechts ist dies ein Aufruf, stets die Fristen und Modalitäten der Erstattung einer Strafanzeige zu prüfen, aber auch die Existenz des teleologischen Zusammenhangs zwischen den Handlungen sorgfältig zu bewerten. Die Leitsatzentscheidung entbindet trotz ihrer Klarheit nicht von der konkreten Prüfung des Einzelfalls: Es bleibt unerlässlich, die subjektive Vorhersehbarkeit und die objektive Verbindung zwischen den Taten festzustellen, damit das Strafverfahren rechtmäßig fortgesetzt werden kann.