Mit der Entscheidung Nr. 12613 vom 1. April 2025 befasst sich der Oberste Kassationsgerichtshof (Sez. V, Vors. M. V., Ber. E. V. S.) erneut mit der Sonderbeauftragung gemäß Art. 581 Abs. 1-quater der italienischen Strafprozessordnung (c.p.p.), einem zentralen Instrument der Cartabia-Reform für die Anfechtung von Strafurteilen. Der Fall betraf den Angeklagten Y. G. und die Wirksamkeit eines Berufungsantrags, der von einem der beiden Vertrauensverteidiger eingereicht wurde. Die Kernfrage: War die Ernennung des ersten Verteidigers stillschweigend widerrufen worden? Der Oberste Gerichtshof verneint dies und hebt die Entscheidung des Berufungsgerichts von Neapel mit Zurückverweisung auf.
Artikel 581 der italienischen Strafprozessordnung (c.p.p.) sieht in der Fassung vor dem Gesetz vom 9. August 2024, Nr. 114, vor, dass der Anfechtungsantrag „unter Androhung der Unzulässigkeit“ von einem Verteidiger mit Sonderbeauftragung zu unterzeichnen ist. Die Reform von 2024 hat die Voraussetzungen überarbeitet, aber der vorliegende Fall fiel noch unter den früheren Wortlaut. Seit langem diskutieren Lehre und Rechtsprechung über die Koordinierung von:
Vor diesem Urteil vertraten einige untergeordnete Gerichte die Ansicht, dass die Erteilung einer Sonderbeauftragung an nur einen Anwalt ipso iure zur Beendigung des früheren Mandats des anderen Verteidigers führe. Die Kassation 12613/2025 widerlegt diese Auslegung.
Im Bereich der Anfechtungen kann die Sonderbeauftragung gemäß Art. 581 Abs. 1-quater der italienischen Strafprozessordnung (c.p.p.) in der Fassung vor Inkrafttreten von Art. 2 Abs. 1 Buchst. o) des Gesetzes vom 9. August 2024, Nr. 114, die nur einem der beiden zuvor ernannten Vertrauensverteidiger erteilt wurde, nicht als stillschweigender Widerruf des zuvor ernannten anderen Vertrauensverteidigers ausgelegt werden.
Die scheinbar einfache Leitsatz bekräftigt, dass der Widerruf eines Verteidigers einen ausdrücklichen Charakter hat: Es bedarf einer eindeutigen Erklärung des Angeklagten oder des neuen Verteidigers, die bei der Geschäftsstelle hinterlegt wird. Das entscheidende Organ kann den Widerruf nicht allein aus der Tatsache ableiten, dass die Sonderbeauftragung einem der bereits ernannten Anwälte erteilt wurde.
Die gerichtliche Entscheidung hat Auswirkungen auf mehreren Ebenen:
Zur Stützung verweist das Gericht auf gleichlautende frühere Entscheidungen (Cass. 20318/2024; 3365/2024) und auf die Entscheidung der Vereinigten Kammern 12164/2012, wonach ein stillschweigender Widerruf nur bei eindeutigen Elementen zulässig ist, die im vorliegenden Fall nicht vorhanden waren.
Es stimmt, dass das Gesetz 114/2024 Artikel 581 c.p.p. beeinflusst hat, aber das Gericht hebt hervor, dass die Neuerung keinen stillschweigenden Widerruf eingeführt hat. Im Gegenteil, der neue Absatz 1-quater verlangt die „spezifische Angabe“ des mit Sonderbeauftragung ausgestatteten Verteidigers, ohne die Vertrauensbeziehung zu etwaigen Mitverteidigern aufzuheben. Daraus folgt, dass der Grundsatz auch nach der Reform aktuell bleibt.
Das Urteil Nr. 12613/2025 festigt den Schutz des Rechts auf Verteidigung und verhindert, dass auslegungsbedingte Formalismen die Freiheit des Angeklagten bei der Wahl, die durch die Verfassung (Art. 24) und die EMRK (Art. 6) vorgesehen ist, einschränken. Die Beteiligten müssen jedoch auf zwei Vorkehrungen achten: Jeden Widerruf schriftlich festhalten und im Anfechtungsantrag klar angeben, wem die Sonderbeauftragung erteilt wurde. Nur so können Anfechtungen der Gültigkeit vermieden und die volle Entfaltung der Verteidigungsstrategien gewährleistet werden.