Europäischer Haftbefehl: Der Oberste Kassationsgerichtshof zur Zuständigkeit der ausstellenden Behörde (Urteil Nr. 19671/2025)

Der Europäische Haftbefehl (EBH) stellt ein grundlegendes Instrument der justiziellen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union dar, das darauf abzielt, die Verfahren zur Auslieferung von gesuchten Personen zur Vollstreckung einer Strafe oder zur Einleitung eines Strafverfahrens zu vereinfachen und zu beschleunigen. Seine Anwendung wirft jedoch oft komplexe Fragen auf, insbesondere hinsichtlich der Grenzen, innerhalb derer die Justizbehörde des Vollstreckungsstaates die Entscheidungen der ausstellenden Behörde überprüfen kann. Zu diesem heiklen Gleichgewicht äußert sich das jüngste Urteil des Obersten Kassationsgerichtshofs, Urteil Nr. 19671 vom 21. Mai 2025, das wesentliche Klarstellungen zur Zulässigkeit der Einrede des Zuständigkeitsmangels der ausstellenden Behörde liefert.

Der Europäische Haftbefehl: Prinzipien und Ziele

Eingeführt durch den Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates der Europäischen Union und in Italien durch das Gesetz Nr. 69 von 2005 umgesetzt, basiert der EBH auf dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung von strafrechtlichen Gerichtsentscheidungen. Dies bedeutet, dass die Entscheidung einer Justizbehörde eines Mitgliedstaates von den Behörden der anderen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt werden muss, mit einem äußerst geringen Ermessensspielraum. Das Hauptziel ist die Beseitigung von Verzögerungen und Komplexitäten traditioneller Auslieferungsverfahren, um eine schnelle und wirksame Reaktion auf grenzüberschreitende Kriminalität zu fördern. Das gegenseitige Vertrauen zwischen den Justizsystemen ist der Eckpfeiler dieses Mechanismus, was impliziert, dass die Gültigkeit von Entscheidungen eines anderen Mitgliedstaates grundsätzlich nicht in Frage gestellt werden sollte.

Das Urteil des Kassationsgerichtshofs: Grenzen der Ablehnung der Vollstreckung

Das Urteil Nr. 19671 von 2025 des Obersten Gerichts, unter dem Vorsitz von G. D. A. und als Berichterstatter F. D'A., befasst sich mit einem entscheidenden Aspekt: der Möglichkeit für die Vollstreckungsbehörde, einen Zuständigkeitsmangel der Behörde, die den Europäischen Haftbefehl erlassen hat, geltend zu machen. Der Oberste Gerichtshof wies die vom Angeklagten F. S. eingelegte Berufung zurück und bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts Mailand. Der von der Kassation dargelegte Grundsatz ist klar und fügt sich in die europäische und nationale Rechtsprechung ein, indem er die Taxativität der Gründe für die Ablehnung der Vollstreckung des EBH bekräftigt.

Im Bereich des prozessualen Europäischen Haftbefehls kann der Zuständigkeitsmangel der ausstellenden Behörde vor der Vollstreckungsbehörde nicht geltend gemacht werden, außer im Rahmen der internationalen Rechtshängigkeit, angesichts der Taxativität der Gründe für die Ablehnung der Vollstreckung.

Diese Maxime ist von grundlegender Bedeutung. Sie besagt, dass die italienische Justizbehörde (die Vollstreckungsbehörde) grundsätzlich nicht die Zuständigkeit oder die Rechtsprechung der ausländischen Justizbehörde (die ausstellende Behörde), die den EBH erlassen hat, überprüfen kann. Diese Einschränkung ergibt sich direkt aus dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und der Natur des EBH selbst, der eine abschließende Liste von Gründen vorsieht, aus denen die Vollstreckung verweigert werden kann, wie in Artikel 18 des Gesetzes Nr. 69 von 2005 und seinen späteren Änderungen angegeben, von denen einige Gegenstand von Interventionen des Verfassungsgerichtshofs waren (z. B. Artikel 18a Absatz 1 Buchstabe A, wie im Urteil erwähnt).

Die zugrunde liegende Logik besteht darin, zu verhindern, dass jeder Vollstreckungsstaat den Sachverhalt oder die prozessuale Gültigkeit der Entscheidung des ausstellenden Staates neu prüft und das Auslieferungsverfahren in einen neuen Prozess oder eine Untersuchung der korrekten Anwendung der innerstaatlichen Vorschriften des ersuchenden Staates verwandelt. Dies würde die Wirksamkeit und Schnelligkeit des EBH-Systems erheblich beeinträchtigen. Der Oberste Kassationsgerichtshof bekräftigt daher die Notwendigkeit, sich strikt an die in den Rechtsvorschriften ausdrücklich vorgesehenen Ablehnungsgründe zu halten, die keinen allgemeinen Zuständigkeitsmangel der ausstellenden Behörde umfassen.

Die Ausnahme der internationalen Rechtshängigkeit

Die einzige Ausnahme, wie im Urteil präzisiert, besteht "im Rahmen der internationalen Rechtshängigkeit". Aber was bedeutet das genau? Internationale Rechtshängigkeit liegt vor, wenn ein Strafverfahren wegen derselben Taten und gegen dieselbe Person bereits in einem anderen Mitgliedstaat anhängig ist oder bereits Gegenstand eines rechtskräftigen Urteils war. In solchen Fällen könnte die Vollstreckung des EBH verweigert werden, um eine doppelte Verurteilung oder eine doppelte Strafe zu vermeiden (Grundsatz des "ne bis in idem"). Dies ist eine streng definierte Ausnahme, die darauf abzielt, die Grundrechte des Einzelnen zu schützen und gleichzeitig die Effizienz des EBH-Systems zu wahren.

Praktische Auswirkungen und Schutz der Rechte

Die Entscheidung des Obersten Gerichts hat wichtige praktische Auswirkungen für Juristen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Verteidigungsargumente, die auf einem angeblichen Zuständigkeitsmangel der Behörde, die den EBH erlassen hat, beruhen, nur dann erfolgreich sind, wenn sie in den klar definierten Fall der internationalen Rechtshängigkeit fallen. Dies stärkt die Rechtssicherheit und die Wirksamkeit der justiziellen Zusammenarbeit, erfordert aber gleichzeitig eine stärkere Beachtung der Verteidigungsrechte im ausstellenden Staat.

Für den Angeklagten muss der Schutz seiner prozessualen Garantien in erster Linie im Staat gesucht werden, der den Haftbefehl erlassen hat. Die Vollstreckungsbehörde ist nämlich hauptsächlich dazu aufgerufen, die Einhaltung der formellen Voraussetzungen für die Auslieferung und das Fehlen zwingender Ablehnungsgründe zu prüfen, zu denen beispielsweise gehören:

  • Das Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils für dieselben Taten.
  • Das Fehlen einer Altersgrenze oder die Unzulässigkeit wegen Amnestie oder Begnadigung im Vollstreckungsstaat.
  • Die Verletzung der Grundrechte der Person in außergewöhnlichen und gut dokumentierten Fällen, wie die reale Möglichkeit unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung.
  • Die Verjährung der Straftat nach dem Recht des Vollstreckungsstaates, in bestimmten Fällen.

Ein Zuständigkeitsmangel im weiteren Sinne gehört nicht zu dieser abschließenden Liste, es sei denn, er führt zu einer internationalen Rechtshängigkeit. Diese Unterscheidung ist entscheidend, um die Grenzen des Eingreifens der Vollstreckungsbehörde und die zentrale Rolle des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung zu verstehen.

Schlussfolgerungen

Das Urteil Nr. 19671 von 2025 des Obersten Kassationsgerichtshofs festigt die Rechtsprechung zum Europäischen Haftbefehl und bekräftigt die strikte Einhaltung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung und die Taxativität der Gründe für die Ablehnung der Vollstreckung. Es stellt klar, dass der Zuständigkeitsmangel der ausstellenden Behörde nicht als Ablehnungsgrund geltend gemacht werden kann, außer in der begrenzten Ausnahme der internationalen Rechtshängigkeit. Diese Entscheidung ist ein wichtiges Puzzleteil im Mosaik der europäischen justiziellen Zusammenarbeit, das die Notwendigkeit der Effizienz im Kampf gegen grenzüberschreitende Kriminalität mit dem Schutz der Grundrechte in Einklang bringt und die Notwendigkeit betont, dass prozessuale Garantien in erster Linie im Staat gewährleistet werden, der das Strafverfahren eingeleitet hat. Für Anwälte und Juristen bedeutet dies, die Aufmerksamkeit auf die wenigen, aber bedeutenden vorgesehenen Ausnahmen zu richten und sich der Grenzen bewusst zu sein, die dem Prüfungsrecht der Vollstreckungsbehörde auferlegt sind.

Anwaltskanzlei Bianucci